Domina – Eine starke Frauenfigur im Zentrum der römischen Macht
Wer sich für die römische Antike begeistert, hat vermutlich schon viele Darstellungen der großen Männer Roms gesehen: Imperatoren, Feldherren, Reformatoren, Intriganten. Die Sky-Studios-Serie „Domina“ versucht bewusst einen anderen Blickwinkel – und rückt Livia Drusilla, spätere Ehefrau des Augustus, ins Zentrum. Allein dieser Perspektivwechsel macht die Serie für historisch Interessierte spannend: Eine Geschichte über Macht, Geschlecht, Manipulation und politisches Kalkül – erzählt aus Sicht einer Frau, die zu den einflussreichsten Personen ihrer Zeit zählt.
Ein römisches Politdrama mit modernem Flair
„Domina“ setzt nach dem Mord an Caesar ein und folgt Livias Weg durch eine chaotische Welt, in der Republikaner und Caesarianer, alte Adelsfamilien und neue Machthaber um Einfluss ringen. Die Serie zeigt diesen Weg als Mischung aus persönlichem Überlebenskampf und politischer Strategie.
Die Inszenierung wirkt dabei bewusst modern, was sich unter anderem in den Dialogen widerspiegelt. Wer eine streng historische Darstellung erwartet, könnte sich daran reiben. Wer aber ein Drama sucht, das antike Themen emotional zugänglich macht, wird durchaus fündig.
Die Stärken: Livia, Intrigen und eine greifbare politische Welt
Besonders positiv sticht die Zeichnung der Hauptfigur hervor. Kasia Smutniaks Darstellung einer Frau, die gleichzeitig Opfer, Gestalterin und moralisch ambivalente Playerin ist, trägt die Serie über lange Strecken. Man spürt Livias Zerrissenheit zwischen familiärer Loyalität, persönlicher Verletzbarkeit und dem Bewusstsein, dass politische Macht oft den Preis eines kalkulierten Verrats verlangt.
Auch das politische Setting überzeugt: Die Serie schafft es, die komplizierten Konfliktlinien der frühen Kaiserzeit verständlich zu machen, ohne in trockene Geschichtsvorträge abzurutschen. Viele Figuren sind historisch belegt, und obwohl die Darstellung dramaturgisch vereinfacht ist, öffnet sie den Blick auf eine Welt, in der Familienbande, Patronatsbeziehungen und Machtspiele eng miteinander verwoben sind.
Kritikpunkte: Vereinfachungen, moderne Töne und Tempo-Schwankungen
Natürlich ist „Domina“ keine Dokumentarserie. Einige historische Entwicklungen werden stark komprimiert oder dramaturgisch zugespitzt, manche Figuren erscheinen etwas zu schablonenhaft, und der moderne Tonfall wirkt gelegentlich wie ein Fremdkörper in der römischen Welt. Die Serie spielt auch größtenteils in Innenräumen und bietet daher weniger Schauwerte als vergleichbare Produktionen.
Zudem kämpft die Serie immer wieder mit unausgewogenem Tempo: Manche Folgen rasen durch die Ereignisse, andere verharren lange in emotionalen Dialogen, ohne die Handlung wesentlich voranzubringen. Wer sich tiefgehende historische Präzision wünscht, könnte hier enttäuscht werden. Auch fällt es nicht immer leicht, den Entwicklungen um die Hauptpersonen herum zu folgen.
Schade um das Ende: Die Serie wurde vorzeitig abgesetzt
Ein bitterer Beigeschmack bleibt: „Domina“ wurde vorzeitig abgesetzt und bleibt daher unvollständig. Bestimmte Handlungsstränge laufen ins Leere, Figuren entwickeln sich nicht mehr weiter, und das große politische Ziel – der Aufstieg zur mächtigsten Frau des Imperium Romanum – wird nur angerissen, aber nicht vollständig erzählt. Gerade für Fans historischer Serien ist das frustrierend, weil das Potenzial sichtbar war.
Mein Fazit: Empfehlenswert trotz offenen Endes
Trotz dieser Schwächen bleibt „Domina“ eine im Großen und Ganzen sehenswerte Serie, besonders für alle, die sich für antike Geschichte interessieren und die Perspektive jenseits der üblichen Männerbiografien suchen. Die Serie bietet ein atmosphärisches, politisch dichtes Drama mit einer starken Hauptfigur – und schafft es, die römische Welt nicht nur prachtvoll, sondern auch menschlich greifbar zu machen.
Schade, dass die Reise von Livia Drusilla nicht vollständig erzählt wird. Aber die vorhandenen Staffeln liefern genug Stoff, um sich mitreißen zu lassen – und vielleicht Lust zu bekommen, die historische Livia selbst noch einmal näher unter die Lupe zu nehmen.


